Von der Liebe verschlungen by Delilah S. Dawson

Von der Liebe verschlungen by Delilah S. Dawson

Autor:Delilah S. Dawson [Dawson, Delilah S.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
ISBN: 3838746228
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2014-03-12T23:00:00+00:00


22.

Schneller als ich es ihm zugetraut hätte, war Casper auf den Beinen und rannte. Er hatte wohl recht damit, dass er immer weniger einem Pinkie und immer mehr einem Bludmann ähnelte. Schon nach ein paar kurzen Schritten hielten mich die Schnüre meines Fallschirms auf und ich blieb wie eine Fliege im Netz hängen. Frustriert heulte ich auf, zerriss die festen Schnüre mit den Zähnen und stampfte hinter Casper her durch die Bäume.

Der Wald war dicht und schwer, alt und kalt. Ich stürmte zwischen den Ästen hindurch und riss dabei immer wieder ganze Zweige ab. Dabei stellte ich meine Sinne auf Empfang, doch von Keen war nichts zu hören. Der Schrei hatte nicht nach ihr geklungen. Der Geruch von Bludbären hing an Erdboden und Bäumen, aber das war zu erwarten gewesen. Dieser Teil des Landes war bekannt für die zottigen Ungeheuer, die sich dick und fett fraßen an Bludlemmingen oder törichten Pionieren, die ständig durch den Wald trampelten und glaubten, hier neue Pinkiestädte außerhalb des strengen Bludregiments aus Minks oder Moskovia gründen zu können. Aber Bludbären waren jetzt nicht das Problem. Hier stimmte etwas anderes nicht. Der Wald war zu still.

Ein weiterer Schrei drang durch die Luft, und ich sprintete los wie der Teufel, als ich seine Quelle erkannte. Ich musste mich beeilen, bevor sie sie näher heranlockten.

Ich kroch unter Ästen hindurch und vorbei an scharfen grünen Baumnadeln, als ich die Bestie in mir losließ und jeden Anschein königlicher Würde fahren ließ. In heftigem Galopp schloss ich zu Casper auf und überholte ihn, der Nase nach direkt auf Keen zu.

Wir stürmten auf eine kleine Lichtung: die Art grün erleuchteter Hohlraum im Wald, die meine Mutter immer als Feenhain bezeichnet hatte. Dort stand Keen, und ihr Gesicht war ganz Staunen und Freude. Sie hatte die Hand nach einem wunderschönen Pfau ausgestreckt, einem Männchen in voller Pracht. Seine Schwanzfedern waren weit aufgefächert, bebten hin und her und reflektierten das Sonnenlicht in lebhaften Farben. Den Kopf zur Seite geneigt, tanzte das Tier näher an sie heran, und sie lachte.

Ich sah an ihr vorbei in den Wald und erblickte das, was ich befürchtet hatte: ein funkelndes, rotes Auge.

»Zieh sie ins Unterholz«, flüsterte ich Casper zu. »Und halte dein Messer bereit.«

»Was?«

Aber ich war schon losgestürmt, über die Lichtung, vorbei an Keen, und tauchte ein in die Schatten des Waldes. Die Kreatur hatte mich bereits gesehen und wandte sich zur Flucht, doch ich schlug meine Klauen in ihre Flanken und riss eine klaffende Wunde in das schmutzig weiße Fell ihres Hinterteils.

Meine Angst um Keen verwandelte sich in grimmige Freude. Ich hatte Einhornblut immer geliebt.

Das Biest bockte in dem Versuch, mich abzuwerfen und so zu verhindern, dass ich die Wunde weiter aufriss. Ohne Waffen oder einen Jagdgefährten konnte ich das Tier nicht zu Fall bringen, aber ich hielt es fest, solange ich konnte. Diese Kreatur würde ich lehren, sich mit Jungfrauen anzulegen.

Während ich so viel Blut wie möglich aufleckte und es wie flüssigen Sonnenschein meine Kehle hinabrinnen fühlte, schnaubte und kreischte das Einhorn und schlug mit seinen Hufen gegen Boden und Bäume in seinem Versuch, mich abzuwehren.



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